Traffic Shaping, QoS und Co. – Ein Überblick

In modernen Netzwerken spielt Quality of Service (QoS) eine entscheidende Rolle, um unterschiedliche Arten von Datenverkehr zu priorisieren und eine zuverlässige Übertragung zu gewährleisten. Dabei gilt es, die Grenzen zwischen Class of Service (CoS) und Quality of Service (QoS) zu verstehen:

  • CoS (z.B. DiffServ, IEEE 802.1p) ordnet Datenpakete in Klassen ein und versieht sie mit Markierungen, die eine unterschiedliche Behandlung ermöglichen.
  • QoS (z.B. MPLS mit QoS-Funktionen) erlaubt eine sehr viel feinere Steuerung und garantiert bestimmte Übertragungsparameter wie geringe Latenz, begrenzten Jitter oder eine vorgegebene Fehlertoleranz.

Netzwerkebenen für QoS

Die QoS-Funktionen werden häufig in drei Ebenen (Planes) unterteilt:

  1. Control Plane

    • Trifft Entscheidungen über die Priorisierung und Weiterleitung von Traffic.
    • Kümmert sich um Routing-Informationen und Policy-Entscheidungen.
  2. Data Plane

    • Verantwortlich für das eigentliche Forwarding bzw. Switching von Datenpaketen.
    • Setzt die im Control Plane getroffenen Entscheidungen um.
  3. Management Plane

    • Überwacht das Netzwerk, sammelt Statistiken und bietet Schnittstellen zur Administration.
    • Ermöglicht das Konfigurieren von QoS-Regeln und das Nachjustieren bei Engpässen.

Traffic Shaping vs. Traffic Policing

Traffic Shaping

  • Verzögert gezielt bestimmte Pakete, um Netzwerküberlastungen zu vermeiden.
  • Sorgt für eine gleichmäßigere Auslastung der verfügbaren Bandbreite.
  • Reduziert Paketverluste, indem Pakete bei kurzzeitigen Engpässen im Puffer gehalten werden.

Traffic Policing

  • Verwirft oder markiert Pakete, die über eine definierte Grenze hinausgehen („Tail Drop“).
  • Kann zu ungenutzter Bandbreite führen, wenn zeitweise strikte Grenzen erreicht werden.
  • Meist einfachere Implementierung, aber weniger flexibel als Traffic Shaping.

Wichtig: Viele Traffic-Shaping-Geräte verfügen nur über eine begrenzte Pufferkapazität. Wenn dieser Puffer voll ist, fallen Pakete zwangsläufig aus dem Netzwerk (Policing-Verhalten), oder es wird ein spezieller Algorithmus wie Random Early Detection (RED) verwendet, um Überlastungen zu steuern.


MPLS (Multi-Protocol Label Switching)

MPLS ist keine bloß ergänzende Technologie, sondern ein zentraler Baustein vieler moderner Netzwerke. Es vereint Performance, Flexibilität und QoS-Funktionen, indem es Datenpakete anhand kurzer Labels weiterleitet statt über herkömmliches IP-Routing.

  • Funktionsweise

    • Arbeitet zwischen Layer 2 (Datenverbindungsschicht) und Layer 3 (Netzwerkschicht).
    • Verbindet Geschwindigkeit der Switches auf Layer 2 mit der Flexibilität des routenbasierten Layer-3.
    • Ermöglicht Traffic Engineering: Netzadministratoren können gezielt Pfade festlegen und Engpässe umgehen.
  • Vorteile

    • QoS-Unterstützung: MPLS kann Bandbreite reservieren und garantierte Parameter (z.B. Latenz) festlegen.
    • Schnelle Weiterleitung: Dank der Label-Technologie müssen Router nicht jeden IP-Header auswerten.
    • Skalierbarkeit: MPLS-Netze sind flexibel ausbaubar und eignen sich insbesondere für große WAN- und Provider-Netze.

DiffServ und DSCP

DiffServ (Differentiated Services) ermöglicht auf Layer 3 (IP-Ebene) eine Klassifizierung des Datenverkehrs. Die wichtigsten Eckpunkte sind:

  • DSCP (Differentiated Services Code Point)

    • Nutzt das Type of Service (ToS)-Feld in IPv4 bzw. das Traffic-Class-Feld in IPv6.
    • 6-Bit-Wert, der festlegt, wie ein Paket behandelt werden soll.
  • Per-Hop Behavior (PHB)

    • Definiert an jedem Netzwerkknoten die Behandlung eines Pakets.
    • Pakete mit demselben DSCP-Wert teilen sich dasselbe Forwarding-Verhalten.
  • Behavior Aggregates

    • Pakete mit identischem DSCP und Ziel können zu Aggregaten zusammengefasst werden.

Traffic-Klassen in DiffServ

  1. Best Effort (BE)

    • Keine besondere Priorisierung, Standardzustellung.
  2. Assured Forwarding (AF)

    • Teilweise garantierte Zustellung in verschiedenen Prioritätsklassen (AF1x, AF2x, AF3x, AF4x).
  3. Expedited Forwarding (EF)

    • Höchste Priorität, meist für zeitkritische Anwendungen (z.B. Voice-over-IP).
    • Minimiert Verzögerungen und Schwankungen (Jitter).

Vorteile von DiffServ:

  • Skalierbarkeit: Gruppiert Traffic in Klassen statt einzelne Flüsse zu managen.
  • Flexibilität: Für verschiedene Anwendungen und Prioritäten anpassbar.

IEEE 802.1p – Priorisierung auf Layer 2

Während DiffServ die Klassifizierung auf Layer 3 übernimmt, kümmert sich IEEE 802.1p um die Priorisierung von Ethernet-Frames auf Layer 2:

  • Priority Code Point (PCP)

    • 3-Bit-Feld innerhalb des 802.1Q VLAN-Tags.
    • Werte von 0 bis 7 für verschiedene Prioritätsstufen.
  • Frame-Tagging

    • Ethernet-Frames werden mit einem VLAN-Tag versehen, das den PCP-Wert enthält.
  • Mapping zu DSCP

    • Switches und Router können DSCP (Layer 3) auf PCP (Layer 2) abbilden, um QoS konsistent umzusetzen.

Prioritätsstufen (Beispiel)

  • 7 & 6: Netzwerksteuerung (z.B. Routing-Protokolle).
  • 5 & 4: Expedited Forwarding (hohe Priorität).
  • 3 & 2: Assured Forwarding (mittlere Priorität).
  • 1 & 0: Best Effort (geringe Priorität).

Vorteile von IEEE 802.1p:

  • Effiziente Layer-2-Priorisierung: Besonders nützlich in lokalen Netzwerken (LAN).
  • Kompatibilität: Funktioniert gut mit bestehenden VLAN-Implementierungen.

Resource Reservation Protocol (RSVP)

  • Zweck

    • Dient zur Reservierung von Netzwerkressourcen für spezifische Datenströme.
  • Eigenschaften

    • Endgeräte können QoS-Anforderungen direkt an die Router signalisieren.
    • In sehr großen Netzen oft Skalierungsprobleme, da jeder Flow berücksichtigt werden muss.

Fazit und Zusammenfassung

  • MPLS, DiffServ und IEEE 802.1p bilden zusammen das Fundament moderner QoS-Strategien. Insbesondere MPLS rückt dabei in den Fokus, da es eine effiziente und skalierbare Weiterleitung mit Traffic-Engineering-Fähigkeiten kombiniert.
  • Traffic Shaping sorgt in allen Systemen für eine gleichmäßige Auslastung der Bandbreite und reduziert Paketverluste, während Traffic Policing Pakete bei Überlast einfach verwirft.
  • DiffServ und DSCP gewährleisten eine abgestufte Behandlung des Verkehrs auf Layer 3 – von Best Effort bis hin zu echtzeitkritischen Diensten wie Videokonferenzen.
  • IEEE 802.1p ergänzt dies auf Layer 2, sodass auch in lokalen Netzwerken eine effektive Priorisierung stattfindet.
  • RSVP bietet eine weitere Möglichkeit zur expliziten Reservierung von Ressourcen, die jedoch wegen der hohen Komplexität oft nur in speziellen Szenarien zum Einsatz kommt.

Insgesamt ermöglichen diese Techniken eine hohe Dienstgüte (QoS) in wachsenden und komplexen Netzwerken. Gerade zeitkritische Anwendungen wie Voice-over-IP, Videokonferenzen oder datenintensive Streaming-Dienste profitieren von einem intelligent gesteuerten Datenverkehr, bei dem Ausfälle und Latenzen minimiert werden.

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